Heute früh sass mir im Zug ein Ehepaar gegenüber, welches offensichtlich gerade auf dem Weg in den Urlaub war. Links und rechts dicke Koffer in neonpink und neongrün. Die Füße obligatorisch in Sandalen. Mit Tennissocken. Klischee mal wieder zu 100 % erfüllt. Aus der Unterhaltung der beiden (ja ich lausche im Zug leidenschaftlich gerne den Gesprächen anderer Menschen), lies sich heraushören, dass es wohl nach Thailand geht. 2 Wochen Strandhotel. All Inclusive. Einfach nichts tun. Entspannen. Und Bier trinken (das war ihnen offenbar besonders wichtig).
Ein paar andere Fahrgäste stiegen interessiert in das Gespräch mit ein und schon bald hallte ein fröhliches Urlaubsgeschnatter durchs Abteil. Leider ging es dabei aber weder um tolle Geheimtipps, noch um den Austausch wundervoller Urlaubserfahrungen. Im Gegenteil: Es wurde gemeckert. Und das auf höchstem Niveau. Über furchtbare Buffets, trockene Semmeln, Wucherpreise am Strand, überfüllte Swimmingpools und natürlich über das Essen an sich. Max Mustermann möchte eben auch in der Ferne nicht auf sein Schnitzel mit Pommes verzichten.
Bei der gefühlt achten Beschreibung eines „nicht zumutbaren“ Buffets bin ich geistig ausgestiegen, habe die Augen geschlossen, Musik angemacht und ein wenig über mein eigenes Urlaubsverhalten nachgedacht.
Pauschalurlaub kenne ich noch. Sehr gut sogar. Als ich klein war, haben wir mit meiner Familie sehr oft Pauschalurlaub gemacht. Auf Mallorca, Ibiza, Gran Canaria, Fuerteventura … Immer schön im Clubhotel mit Pool und Animation und Buffet. Abgeschottet von den Einheimischen und weggesperrt in eine kleine, heile Urlaubswelt. Auch der erste Urlaub mit meinem Mann war noch ein Pauschalurlaub. 10 Tage All Inclusive auf Djerba. Mit Henna-Tattoos, Schlange stehen am Buffet, verwässerten Cocktails und Club-Dance 5 x am Tag.
2010 war ich dann das erste Mal in Amerika und habe eine selbst organisierte Mietwagenrundreise durch Florida gemacht. 2011 direkt nochmal. Und 2012 ging es dann nach Australien. Bis heute folgten viele weitere tolle Reisen. Alle selbst organisiert und immer ganz nah dran an Land und Leute. Airbnb im New Yorker Stadtteil Weehawken, Pilgerherbergen auf dem Jakobsweg und Campingtour mit dem SUV durch Nevada, Arizona & Co. Kein Pauschalurlaub und kein Fünf-Sterne-All-Inclusive Hotel kommt auch nur annähernd der Freiheit nahe, die man in einem Individualurlaub erlebt.
Slow Travelling ist für mich mittlerweile die einzige wahre Art des Reisens geworden. Ich liebe es, mich im Urlaub einfach mal treiben lassen und morgens nicht zu wissen, wo man abends landet. Da wo es schön ist, da bleibt man einfach. Notfalls auch einen Tag länger. Oder man fährt eben weiter. Oder läuft. Je nachdem.
In meinem Urlaub brauche ich mich nicht über schlechte Buffets aufregen. Wenn das Essen nicht gut war, war es meine eigene Schuld. Ich brauche auch nicht Schlange stehen (ausser vielleicht im Supermarkt an der Kasse) und muss mich auch nicht um freie Liegen am Pool streiten. Wenn ich baden will, fahre ich zum Meer. Und wenn ich Kontakt zu Menschen haben möchte, dann gehe ich dorthin, wo die Einheimischen zu finden sind. Ich lerne das Land und die Leute auf eine Art und Weise kennen, wie es in einem Pauschalurlaub niemals möglich wäre. Das ist nicht nur schön, sondern auch wahnsinnig lehrreich.
Und wenn ich von einer Reise zurück komme, dann habe ich keine Meckergeschichten zu erzählen. Dann erzähle ich mit einem Leuchten in den Augen von Naturwundern, Abenteuern, faszinierenden Menschen. Und ich bin erholt. So sehr erholt. Nicht nur körperlich sondern vor allem auch seelisch.
Den beiden Thailand-Pauschalurlaubern wünsche ich auf jeden Fall von Herzen, dass sie eine schöne und erholsame Reise haben werden. Vielleicht sehe ich die beiden ja in zwei Wochen bei der Rückreise wieder. Vermutlich dürfte ich mir dann aber doch wieder nur anhören wie schlecht das Essen war, wie teuer die Sonnenschirme und wie voll die Liegen am Pool waren. Schade drum. Thailand soll mit dem Rucksack so schön sein.
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