Die Luft duftet nach frisch angesetzter Maische und die Kupferkessel glitzern in der untergehenden Abendsonne. 40 Whisky-Liebhaber drängen sich eng in der kleinen Brennerei „Old Gamundia“ in Degenfeld zusammen. „Wissen sie, Whisky ist eigentlich nichts anderes als konzentriertes Müsli“ beginnt Ulrich Kothe zu erzählen und zwinkert dabei schelmisch mit dem rechten Auge. Die Menge lacht. Das Eis ist gebrochen. Und Ulrich Kothe ist ein seinem Element.
In den nächsten rund 1,5-stunden führt Kothe, gelernter Kupferschmied und Destillations-Experte, seine Besucher sichtlich Stolz durch sein Anwesen. Und spart dabei nicht mit spannenden Geschichten rund um den Whisky, die Brennerei und das Museum.
2012 habe er sich mit der Brennerei und dem Museum einen Lebenstraum erfüllt, erzählt Kothe der gespannt lauschenden Menge. Auf seinem Grundstück in Degenfeld, einem Stadtteil von Schwäbisch Gmünd, entstand dabei ein ganz besonderer Ort, der beinahe schon an das Auenland aus Herr der Ringe erinnert. Moderne Technik, Kunst und Geschichte verbinden sich hier auf liebevolle Weise miteinander und schaffen eine Atmosphäre die ihresgleichen sucht. Und nebenbei hervorragende Whiskys hervorbringt.
Die Art und Weise, wie Ulrich Kothe seinen Whisky herstellt, unterscheidet sich nicht wirklich von der klassischen Variante: Getreide wird geschrotet, mit Wasser zur Maische angesetzt, die Maische unter Zugabe von Hefe vergoren und anschließend wir destilliert. Der Rohwhisky wird dann zur Reifung in Eichenfässer abgefüllt und dort mindestens 3 Jahre gelagert.
„Im Gegensatz zu manch anderen schwäbischen Whisky-Varianten, verwende ich für meinen Whisky ausschließlich selbst geschrotetes Gerstenmalz“ erzählt der 70-Jährige. „Für die Reifung des Whiskys nutze ich außerdem nur neue Fässer aus amerikanischer Weißeiche“ fährt Kothe fort und erklärt, dass nur diese Fässer innerhalb kurzer Zeit die nötige Farbe abgeben, die er für seinen Whisky haben möchte. Der Whisky aus Degenfeld bleibt nämlich nicht, wie oft üblich, die gesamte Reifezeit im Eichenfass. Statt dessen füllt Kothe ihn nach 1,5 Jahren in gebrauchte Sherry-Fässer um. „Das ist zwar teurer, gibt eine ganz besondere Note“ erklärt Kothe stolz. An guten Basisprodukten sollte man eben nicht sparen.
Nach Abschluss der Brennerei-Führung geleitet Kothe seine Gäste schließlich in das Herz des Anwesens: Einen Gewölbekeller, den Kothe gemeinsam mit seinem Sohn eigenhändig in einen kleinen Hügel gebaut hat. Spätestens jetzt kommt sich auch der letzte Besucher wie in der Filmkulisse von Herr der Ringe vor.
In der Mitte des geräumigen Kellers prasselt ein Feuer im offenen Kamin, zwei lange Tafeln aus schweren Eichentischen laden zum gemütlichen Zusammensitzen ein, die Wände sind gesäumt von Exponaten, die die Geschichte der Brennkunst erzählen und am Ende des Kellers findet sich schließlich das große Heiligtum: Das Whiskey-Lager. Geschützt durch ein schweres, schmiedeisernes Tor und versperrt mit einem kunstvollen Schloß aus dem 18. Jahrhundert, warten die Whiskys auf Ihre Reife.
In geselliger Runde verköstigt Kothe in diesem wunderschönen Keller gemeinsam mit seinen Gästen 3 verschiedene Whiskys, tischt zwischendurch ein uriges schwäbisches Vesper auf und spart den gesamten Abend über nicht mit fundiertem Hintergrundwissen, Anekdoten und Geschichten. Es wird herzlich gelacht, viel gescherzt und schon nach kurzer Zeit werden aus fremden Tischnachbarn gute Trinkkumpanen.
Mit vollem Bauch und leicht benebelt von den mehr als gut eingeschenkten „Probiererle“, herrscht gegen 22 Uhr schließlich Aufbruchsstimmung im Degenfelder Gewölbekeller. Das ein oder andere Taxi wartet bereits auf dem Parkplatz und auch der letzte Bus nach Schwäbisch Gmünd steht in den Startlöchern. Auf dem Weg zum Ausgang fällt ein Blick auf Eva, eine Bronzeskulptur, die den verführerischen Weg der einfachen Frucht zum Destillat symbolisiert. Die Gäste verstehen jetzt was der Künstler damit sagen möchte und während sich Kothe persönlich und mit Handschlag von jedem Gast verabschiedet, wird auch dem größten Whisky-Banausen klar, dass hier in Degenfeld ganz großes Kino stattfindet.
Auch wenn der Whisky und ich selbst niemals wirklich gute Freunde werden, die Old Gamundia Destillerie mit ihrem eindrucksvollen Museum ist ein echtes Juwel und ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Wer Whisky liebt, der sollte hier unbedingt einmal vorbei schauen. Und alle anderen eigentlich auch, denn Ulrich Kothe produziert nämlich auch ganz phantastischen Gin (dazu demnächst noch mehr).
In diesem Sinne „slàinte mhath„
Eine Brennerei-Führung mit anschließendem Whisky-Tasting und schwäbischem Vesperbuffet kostet pro Person 20.- Euro. Aber Achtung, die Brennerei und das Museum haben keine festen Öffnungszeiten. Die Anmeldung zum Whisky-Tasting und zu weiteren Veranstaltungen (man kann dort auch Geburtstag feiern, Vorstandssitzungen abhalten, heiraten oder auch sein eigenes 30-Liter-Fass Whisky brauen!) erfolgt nach telefonischer Vereinbarung.
Destillerie Old Gamundia, Brennerei & Whisky-Museum, Filstalstr. 32, 73529 Degenfeld, Tel. 0171 3046893. www.old-gamundia.de
P.S. Mama & Thomas, falls ihr das lest: Vielen Dank für dieses mehr als wundervolle Weihnachtsgeschenk. Es war ein phantastischer Abend!