Beinah jeden Morgen klicke ich mich im Zug auf dem Weg zur Arbeit durch Instagram. Hashtag Gutenmorgen. Hashtag Frühstück. Und beinahe jeden Morgen bietet sich mir dasselbe Bild. Avocadoscheiben auf Toast. Avocado und poschierte Eier. Schnittchen mit Guacamole. Avocado pur. Avocado im Smoothie. Buddha-Bowl mit Avocadowürfeln. Vermutlich übernehmen Avocados demnächst die Weltherrschaft und ziehen ins Weiße Haus ein.
Aber Spaß beiseite, Avocados liegen im Trend wie kaum eine andere Frucht (bzw. Beere, denn das sind Avocados botanisch gesehen). Sie sind aus der vegetarischen und besonders auch aus der veganen Ernährung nicht mehr wegzudenken. Und auch LowCarb-Anhänger schwören auf die Superfrucht. Reich an ungesättigten Fettsäuren, voll beladen mit Vitaminen für Haut und Haar und kaum Kohlenhydrate – ein Traum für jeden Gesundheitsfanatiker. Da sieht man auch gerne über die rund 400 Kcal hinweg, die eine Avocado locker liefert. Und leider auch darüber, dass die Avocado eigentlich eine ökologische Katastrophe ist.
Ökobilanz des Grauens
Die cremigen Köstlichkeiten, die sich in unseren deutschen Supermärkten zwischen Gurken aus Spanien und Tomaten aus Holland breit machen, kommen nämlich von weit her. Meist aus Mexiko, Peru und Chile. In Deutschland wachsen Avocados halt nicht und lange Transportwege sind daher genauso unumgänglich wie Umweltschäden in den Anbauländern.
Die mexikanische Umweltschutzorganisation Gira meldete kürzlich, dass pro Jahr 1500 bis 4000 Hektar Waldflächen gerodet werden, um Platz für Avocado-Felder zu schaffen. Zum Teil illegal. Zusätzlich verschmutzt der Einsatz von Pestiziden in den Monokulturen das Trinkwasser in Mexiko. Und das ist sowieso schon knapp, denn die Anbaugebiete befinden sich in heißen, trockenen Regionen und so ein Avocadobaum braucht schon seine 50 Liter Wasser pro Tag. Hochgerechnet bedeutet das, dass für ein Kilo Avocado sage und schreibe 1000 Liter Wasser nötig sind. So ca.
Diese unfassbare Summe deckt sich auch mit der Zahl, die mir Claudia Nickel vom Ernährungszentrum Mittlerer Neckar auf der letzten SlowFood in Stuttgart genannt hat. Gemeinsam mit weiteren Mitarbeitern des Landratamts Ludwigsburg hat sie dort mit einem Infostand auf die Problematik rund um die Avocado aufmerksam gemacht und regionale Alternativen vorgestellt.
Patriotismus für die Umwelt
Auch ich habe mir in den letzten Wochen und Monaten meine Gedanken rund um die Avocado gemacht. Und so sehr ich Avocados auch mag, im Supermarkt lasse ich sie mittlerweile tatsächlich liegen.
Wieso nicht einfach mal Karotten-Muß oder Rote-Bete-Aufstrich auf den morgendlichen Toast schmieren, Pasta mit feinem deutschen Spinat veredeln oder den hippen Green Smoothie mit heimischem Grünkohl zubereiten? Und was ist überhaupt mit dem guten alten Salatblatt auf unseren Burgern passiert?
Für mich muss auf jeden Fall keine Avocado mehr tausende Kilometer über den Ozean geschippert werden. Und für mich müssen auch keine mexikanischen Familien pestizidverseuchtes Wasser trinken. Zugegeben, vermutlich ist das auch mal wieder nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber fangen große Veränderungen nicht immer irgendwie damit an?
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