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Wenn der Besitz die Luft zum atmen nimmt…
Bis zum Sommer 2015 habe ich nach dem Motto „Du bist was du hast“ gelebt. Als Schwabe ist das irgendwie auch verständlich, denn exakt so werden wir bei uns erzogen. Was man hat, das bleibt. Was man hat, gibt Sicherheit. Was man hat, macht glücklich. Doch ist das wirklich so? Und brauchen wir diesen extremen Überfluss, in dem wir heutzutage leben?
Was ist, wenn das, was man hat, zur Belastung wird? Wenn einem die Dinge, die man besitzt, allmählich die Luft zum Atmen nehmen? Wenn man sich vor der schieren Masse seines Besitzes regelrecht erdrückt fühlt? Lange habe ich überlegt, ob ich als Schwabe überhaupt so fühlen darf und ob ich nicht normal bin, wenn mich der Überfluss so sehr stört.
…und das Horten auf der Müllkippe endet
Meine Oma war zum Beispiel richtig stolz auf ihre Massen an Bettwäsche aus der Aussteuer. Natürlich unbenutzt, sorgfältig verpackt und ganz hinten im Schrank – damit auch ja keiner dran geht. Dinge zu horten war für meine Oma völlig normal. Und ich glaube, das geht vielen Menschen aus der Kriegs- und Nachkriegsgeneration so. Meine Oma ist mittlerweile leider verstorben. Ihre Wohnung wurde aufgelöst und die gute Aussteuer-Bettwäsche? Die landete letztendlich irgendwann auf dem Müll. Ohne jemals benutzt worden zu sein. Und da muss man sich doch unweigerlich ein paar Fragen stellen:
- Warum horten wir eigentlich so viele Dinge?
- Warum wollen wir unbedingt im Überfluss leben, anstatt uns einfach nur mit den Dingen zu umgeben, die wir auch wirklich brauchen und die uns glücklich machen?
Über den Besitz definiert
Die Antwort auf solche Fragen zu finden, ist nicht unbedingt einfach. Gerade in der heutigen Zeit definieren wir uns alle nur allzu gerne über unseren Besitz. Und das was wir haben, geben wir auch nur sehr ungern wieder her.
Ich persönlich habe ja das Glück, ziemlich viel zu „haben“: Ich bin glücklich verheiratet, habe einen festen Job, von dem ich ganz gut leben kann, reise viel, darf gutes Essen genießen, habe eine große und sehr schöne Wohnung, betreibe ein Hobby, welches mir viel Freude bereitet und darf meine Freizeit mit vielen tollen Menschen verbringen. Man kann es drehen und wenden wie man will – So manch einer würde vermutlich von einem Leben wie dem meinen träumen. Und trotzdem war ich so lange unzufrieden. Habe mich ausgebrannt gefühlt. Überfordert von all dem „haben müssen“ und „tun müssen“.
Haben vs. brauchen
Warum ich dieses Gefühl so lange mit mir herum getragen hab, ist mir erst klar geworden, nachdem ich meinem Leben einer „Inventur“ unterzogen habe. Ich habe mir angeschaut, was ich alles so „habe“ und gleichzeitig habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was ich davon überhaupt wirklich brauche. Dabei kam teilweise erschreckendes zu Tage:
- Ich habe eine große Wohnung, die eigentlich ganz ordentlich ist und mir im Grunde gut gefällt. ABER: In jedem Zimmer gibt es Ecken, Schränke und „Häufchen“ in denen sich unnötiger Krempel angehäuft hat.
- Ich habe einen großen Kleiderschrank voll mit vielen Klamotten. Davon habe ich den Großteil aber schon seit Jahren nicht mehr getragen.
- Ich habe eine Küche mit viel Platz. ABER: Ein großer Teil dieses Platzes ist mit Küchenutensilien vollgestopft, die ich teilweise noch nie benutzt habe oder sogar doppelt besitze.
- Ich habe ein gut ausgestattetes Badezimmer mit Unmengen Kosmetik, Pröbchen & Co. ABER: Ich benutze so gut wie nichts davon.
- Ich habe ein Bücherregal voll mit Büchern unterschiedlichster Genres. Gelesen habe ich sie alle. ABER: Ich werde sie – bis auf ganz wenige Ausnahmen – garantiert nicht ein weiteres Mal lesen.
- Ich habe eine Kommode voll mit Schals, Mützen und Handschuhen. Das ist schön. ABER: Ich hatte längst vergessen, dass ich die überhaupt habe.
- Ich habe eine Vorratskammer mit verschiedensten Lebensmitteln. ABER: Davon sind jede Menge schon abgelaufen, weil ich nie damit koche.
- Ich habe ein „Blogger-Zimmer“, in dem sich Kochzeitschriften sammeln. ABER: Ich werde vermutlich nie ein Rezept daraus nachkochen.
- Ich habe mehrere E-Mail-Postfächer, die eigentlich ganz ordentlich geführt sind. ABER: Sie quellen vor Spam-Mails und Newslettern über.
Ich könnte wohl endlos weiter machen. Und ich muss gestehen: Ich war richtig erschrocken, wie viel unnötiger Ballast sich in meinem Leben im Laufe der Jahre angesammelt hat.
Was eine Zeitverschwendung
Wie viel Zeit habe ich die letzten Jahre wohl damit verschwendet, unnötige Dinge von A nach B zu räumen? Wie viele Newsletter-Emails habe ich ungelesen gelöscht, weil mich die Themen eigentlich gar nicht interessieren? Wie viele Dinge habe ich in meine Wohnung geholt, obwohl ich sie eigentlich gar nicht brauche? Und das nur weil sie gratis oder sehr günstig waren? Wie viele Dinge sammelten sich in meinem Abstellraum, nur weil ich sie irgendwann einmal geschenkt bekommen hatte und man Geschenke doch nicht einfach wegwirft?
Nach meiner Inventur ist mir auf jeden Fall klar geworden, dass sich hier dringend etwas ändern muss, wenn ich mein Leben wieder auf eine einfache und simple Basis zurück zu bringen möchte. Und was würde dafür besser funktionieren das gute alte schwäbische Sprichwort:
Alles raus was keine Miete zahlt!
Am Anfang steht das Ausmisten
Ich habe also angefangen, auszumisten und meinen Überfluss zu reduzieren. Sowohl meinen Besitz, als auch nicht-materielle Dinge. Und mit jedem Gegenstand und jeder Verpflichtung, die ich losgeworden bin, habe ich mich freier und leichter gefühlt. Und exakt das ist der Grund, warum sogar wir geizigen Schwaben den Minimalismus ganz wunderbar leben können. Es erfordert zwar ein gewisses Umdenken, aber es lohnt sich!
Hast du selbst auch schon einmal überlegt, was du für unnötige Dinge zu Hause, bzw. in deinem Leben hast? Das hässliche Windlicht vom letzten Weihnachtswichteln vielleicht? Oder die Jacke, die du zum Geburtstag bekommen hast, die dir aber eigentlich gar nicht wirklich passt? Denk mal darüber nach. Du wirst überrascht darüber sein, in welchem Überfluss du lebst.
Und falls du jetzt gleich loslegen möchtest, dann empfehle ich dir meine 8 goldenen Regeln für richtiges Ausmisten. Die sind prima für den Anfang und du wirst schnell gute Ergebnisse erzieheln.
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