Eigentlich sollte hier heute mein neuer Wochenrückblick erscheinen. Die letzte Woche war aber durchgehend unspektakulär. Viel Arbeit, viel Stress, wenig Freizeit – glaub mir, das willst du nicht hören. Was ich heute statt dessen erzählen möchte, dass solltest du aber unbedingt lesen. Es geht um Schubladen. Schubladen, in die wir schon gesteckt worden sind und um Schubladen, in die uns andere stecken wollen. Schubladen, aus denen wir schwer bis gar nicht herauskommen und aus denen man uns oft auch gar nicht herauslassen möchte.
Ich kann Schubladen nicht leiden. Ich mag es nicht, andere Menschen in Schubladen zu stecken. Und noch weniger kann ich es leiden, selbst in eine Schublade gesteckt zu werden. Dank meinem Blog bin ich aber längst in einer drin. Ob ich will oder nicht. Ich bin die Green Lifestyle Bloggerin mit Schrebergarten, die gerne mal was von Nachhaltigkeit und Umweltschutz erzählt. Die, die kein Plastik benutzt, vegan lebt, Bodypositivity propagiert, immer happy ist und stets alles richtig macht.
Really?
Es mag dich vielleicht überraschen, aber diese Schublade passt mir nicht. Also überhaupt nicht. Nachhaltigkeit ist mir superwichtig und Umweltschutz liegt mir extrem am Herzen, trotzdem bin ich letzten Dezember nach Australien geflogen. Ich feiere die Bodypositivity-Bewegung und bin absolut Pro beim Thema „Normalize Bodyhair“. Trotzdem fühl ich mich noch immer nicht zu 100 % pudelwohl, wenn ich mit knappen Shorts und Stoppeln an den Beinen draussen unterwegs bin. Ich verzichte auf Plastik. Und auf Verpackungen generell. Wo immer es geht. Aber eben nicht immer und nicht überall. Und ich lebe vegan. Also meistens.
Es gibt viele Situationen, in denen ich von der „Norm“ meiner Schublade abweiche. Das nennt sich Leben. Und ist gar nicht schlimm. Eigentlich. Abweichungen von der Norm werden von der Gesellschaft aber ganz besonders gerne beobachtet. Analysiert. Bewertert. Und auch kritisiert.
Was ich in meiner Schublade alles nicht darf
In meiner Green Lifestyle & Positive Vibes Schublade darf ich in kein Flugzeug steigen. Generell muss ich eigentlich im Urlaub komplett zuhause bleiben. Weil jegliches Verkehrsmittel nicht gut fürs Klima ist. Ich darf meinen Hund nicht mit herkömmlichem Hundefutter füttern, denn das ist ja nicht vegan. Überhaupt hätte ich meinen Hund niemals beim Züchter kaufen dürfen. Ich darf auch keine Dinge mehr besitzen, die nicht vegan sind. Oder aus Plastik. Aber alte Dinge wegwerfen darf ich auch nicht. Das ist nicht ökologisch. Neu kaufen darf ich aber auch nicht. Weil Konsumverzicht!!! Und ich darf auch kein Stückchen Käse mehr essen. Niemals. Meinen Körper muss ich lieben. Immer und ohne Ausnahme. Kommentare zu meiner Figur und/oder meiner Körperbehaarung muss ich aushalten. Auch immer. Und dabei natürlich auch gute Laune haben. Jeden. Verdammten. Tag.
Klingt überspitzt? Stimmt. Ist es aber nicht. Den letzten Absatz habe ich aus Kommentaren zusammengewürfelt, die mir alleine in den letzten Wochen so oder in ähnlicher Form begegnet sind. Und da muss man sich schon fragen, was mit der Menschheit nicht stimmt. Wieso muss ich mich in Schubladen stecken lassen? Von Menschen, die mich nicht kennen. Höchstens übers Internet. Über meinen Blog. Meine Social Media Profile. Wer gibt anderen Menschen das Recht, mir vorzuschreiben, wie ich zu leben habe? In meiner Schublade. In die ich gesteckt wurde, obwohl ich da gar nicht drin sein möchte.
Ein Blick hinter die Kulissen würde helfen…
Aussenwirkung und Tatsache – das sind oft sehr unterschiedliche Dinge. Hier auf dem Blog veröffentliche ich vegane Rezepte. Weil es mein Ziel ist, dir und all meinen anderen Lesern zu zeigen, wie vielfältig und lecker die vegane Ernährung ist. Ich liebe die vegane Küche. Und würde mich sooo sooo gerne 100 % Vegan ernähren. Schaffe ich aber nicht. Noch nicht. Vielleicht irgendwann, aber gerade im Moment nicht. Und das ist ok. Trotzdem ist es meine Entscheidung und mein gutes Recht, ausschließlich vegane Rezepte zu posten. Ohne gleich ein Heuchler zu sein.
Ich zeige auf meinem Instagram-Profil vieles aus meinem Garten. Naturnah. Wild. Ökologisch. Weil ich aufzeigen möchte, wie schön so etwas ist. Wie befriedigend es ist, sein eigenes Obst und Gemüse anzubauen. Sich unabhängiger zu machen von Supermärkten und der Lebensmittelindustrie. Was ich nicht zeige ist, wie ich mal im Supermarkt einkaufen bin. Weil das Gemüse aus dem Garten eben nicht immer ausreicht und man ab und an auch Dinge braucht, die nicht im Garten wachsen. Und weil es für die Message dahinter absolut nicht wichtig ist.
Regelmässig gibt es von mir auch Postings rund um Plastikverzicht und Umweltschutz. Ich gebe Tipps und möchte vor allem zum Nachdenken anregen. Dass ich trotzdem selber noch einiges an Plastik in meinem Haushalt habe und es nicht immer schaffe, auf verpackte Produkte zu verzichten, tut absolut nichts zur Sache. Und hat auch nichts damit zu tun, eine Doppelmoral zu leben.
Tja und beim Thema positive Körperwahrnehmung. Da teile ich wahnsinnig gerne Inspiration auf Instagram. Zum Beispiel von Janaklar, die sich mittlerweile die Charme-Haare (ja ich feier den Begriff) an den Seiten ihrer Bikinihose einfach nicht mehr wegrasiert und fröhlich rausschauen lässt. Oder von iisabelsophie, die sich ungeniert mit haarigen Beinen und Achselbehaarung zeigt. Ich teile das gerne. Weil es mich inspiriert. Und weil ich dich damit inspirieren möchte. Dass ich mich selber trotzdem rasiere (nicht mehr immer, aber noch viel zu oft), ist meine Entscheidung und schmälert in keiner Weise die Tatsache, dass ich es bei anderen bewundernswert finde und als positives Beispiel zeigen möchte.
Komm ma aufn Punkt!
Ja danke.. du hast jetzt so ca. dreieinhalb Minuten bis hierher durchgehalten und tapfer gelesen. Gut gemacht. Aber sorry, einen Punkt gibts heute nicht. Ich stecke in meiner Schublade. Du steckst in deiner. Immer beobachtet, immer bewertet. Und egal wie sehr wir an der Schublade rütteln, irgendwer steckt uns immer wieder rein, knallt den Deckel zu und schreibt dick und fett „HEUCHLER“ drauf. Was du aus diesem Text rausziehst und für dich mitnehmen möchtest, das überlasse ich heute deshalb ganz alleine dir. Anderen Menschen zu sagen was sie denken sollen, sein müssen und tun dürfen, passiert auf dieser Welt schon viel zu oft. Hier und heute nicht! Deshalb habe ich heute auch nur ein Schlusswort:
Seid lieb zueinander. Seid tolerant. Und reisst die verdammten Schubladen auf. Gemeinsam!
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