Ich schlage die Tageszeitung auf. Auf dem Titel prangt die Schlagzeile „Ausgangssperre für Ungeimpfte“. Schon seit Tagen liegt die Inzidenz in meinem Landkreis bei über 700. Die Kliniken sind am Anschlag, die medizinische Versorgung längst nicht mehr gewährleistet, weil schon wieder Covid-Patienten Intensivbetten belegen, die eigentlich anderweitig gebraucht werden. Und in den sozialen Medien herrscht angesichts der angekündigten Ausgangssperre Krieg. Geimpfte gegen Ungeimpfte. Vernünftige gegen Schwurbler, Impfgegner und Corona-Leugner. Die Vorwürfe? Auf beiden Seiten dieselben: Fehlende Akzeptanz. Hetze. Unsicherheit. Angst. Und man redet munter aneinander vorbei.
Kann man Impfgegner verstehen?
Ich habe lange versucht, die Impfgegner irgendwie zu verstehen. Wollte es nachvollziehen können, woher diese Skepsis kommt. Auf was diese Angst basiert. Immer in der Hoffnung, ich könnte Ängste nehmen und doch noch jemanden davon überzeugen, wie wichtig die Impfung ist. Es ist mir nicht geglückt. Meine Bubble, sowohl in den sozialen Medien als auch im realen Familien- und Freundeskreis, ist geimpft. Ganz selbstverständlich. In meinem Umfeld gibt es keine Schwurbler, Verschwörungstheoretiker und Leugner. Nicht einmal irgendwelche Angsthasen. Und in den sozialen Medien? Keine Chance, ein vernünftiges Gespräch aufzubauen.
Auf Instagram habe ich es versucht und eine Umfrage gestartet, wer geimpft ist und wer nicht. Von den nicht geimpften wollte ich wissen, warum sie sich nicht impfen lassen. Ich habe genau drei Antworten bekommen und nur eine einzige davon war vernünftig. Die Userin war erst im September an Corona erkrankt und darf sich noch nicht impfen lassen. Die beiden anderen haben schlichtweg Angst vor der Impfung. Weil zu wenig erforscht, zu krasse Langzeitwirkungen, bringt ja sowieso nix und „ich lass mich nicht zwingen und meiner Freiheitsrechte berauben“. Argumente, die zum einen wissenschaftlich einwandfrei wiederlegbar sind und zum anderen sehr ins Schwurblerische abdriften.
Boss, ich bin müde…
Ich weiss nicht wie es euch geht, aber ich bin mittlerweile einfach nur noch müde. Zum einen Müde von der Politik, die nach beinah zwei Jahren Pandemie noch immer rumeiert und einfach nichts auf die Reihe bekommt und zum anderen davon, dass die Impfgegner und Coronaleugner so unfassbar laut sind. Ganz besonders aber von all den Schlagzeilen und den Diskussionen, die diese auslösen.
Wir dürfen eines nicht vergessen: Wir, die Geimpften, sind nicht die Minderheit. Wir sind viele. Der größte Teil der deutschen Bevölkerung ist vernünftig. Ist in der Lage wissenschaftliche Fakten zu verstehen, danach zu handeln und Verantwortung zu übernehmen. Auch für die, die es nicht können oder nicht wollen. Nur eines können wir offenbar nicht: Ungeimpfte überzeugen. Und das nagt an mir. Ja es macht mich regelrecht wütend, weil es mit einem krassen Gefühl von Hilflosigkeit einher geht.
Auf Instagram fragt mich eine Followerin, ob ich für die Impfpropaganda eigentlich Geld bekomme. Eine andere, die ich überhaupt nicht kenne, wirft mir vor, Fakten zu verdrehen, zu hetzen und zu spalten. Ich würde dem so gerne etwas entgegen setzen, aber ich kann nicht mehr. Habe keine Kraft mehr für Diskussionen und keine Nerven, die immer gleichen Argumente herunter zu leiern, nur um damit doch wieder nur ins Leere zu laufen.
Resignation als Lösung?
In der Natur gilt ein einfacher Grundsatz: Der Schwächere veliert. Vielleicht sollte ich einfach resignieren. Vielleicht sollten wir das alle. Alles aufmachen, sämtliche Beschränkungen zurücknehmen, das Virus einfach mal machen lassen und zusehen, wie die Natur das Ganze von selbst regelt. Aber ganz ehrlich: Davor habe ICH Angst.
Und das wird ja man wohl noch sagen dürfen! ;)
P.S. Lasst euch impfen Herrgott! (Propaganda-Rechnung an die Bundesregierung geht später raus)
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